Elementarschadenprävention

NEUE GRUNDLAGENKARTEN FÜR DIE ELEMENTARSCHADENPRÄVENTION

Oberflächenabfluss ist eine unterschätzte Naturgefahr und wurde bis anhin nicht systematisch dokumentiert. Im Berichtsjahr lancierte der Bund die lang ersehnte Gefährdungskarte Oberflächenabfluss. Die neue Karte deckt die ganze Schweiz ab und zeigt auf, welche Flächen von Oberflächenabfluss potenziell betroffen sind. Zudem wurden die Gefahrengrundlagen im Kanton Aargau 2018 um die Risikokarte Hochwasser Aargau ergänzt. Die Karte gibt einen Überblick über die Hochwasserrisiken im Kanton Aargau und dient dazu, finanzielle Mittel gezielt und bedarfsgerecht einzusetzen.

Beratungen zu Gebäuden mit erhöhtem Risiko

Das Berichtsjahr begann stürmisch: Am 3. Januar 2018 fegte der Wintersturm Burglind über die Schweiz hinweg. Ende Mai folgte ein Hagelsturm in der Region Baden. Von bedeutenden Überschwemmungsereignissen blieb der Aargau im Berichtsjahr glücklicherweise verschont. Die Spezialisten der Elementarschadenprävention (ESP) hatten dennoch allerhand zu tun. Zwei der Spezialisten halfen während sechs Monaten zu 50 Prozent bei der Schadenregulierung des Sturms Burglind. Im Berichtsjahr beurteilten die Experten der AGV bei 1’004 (2017: 851) Gebäuden, welche in der Vergangenheit durch Sturm, Hagel oder Überschwemmung geschädigt waren, das Elementarschadenrisiko. In 178 Fällen (2017: 132) gewährte die AGV finanzielle Beiträge für Massnahmen des Objektschutzes, insgesamt CHF 1.152 Mio. (2017: CHF 0.859 Mio.).

Die Zahlen dokumentieren die grösste Anzahl und den höchsten Beitrag für Objektschutzmassnahmen seit Einführung des Elementarfonds am 1. Januar 2008. Hauptgrund dafür sind die Massnahmen, die nach dem Grossereignis im Raum Zofingen vom 8. Juli 2017 umgesetzt wurden.

Storenschutz «Hagelschutz – einfach automatisch»

Das Schadenpotenzial von Hagelschäden an Storen ist sehr hoch. Daher bewirbt die AGV mit ihren Präventionskampagnen oder im direkten Beratungsgespräch aktiv das Storenschutzsystem «Hagelschutz – einfach automatisch» und übernimmt 40 Prozent der Installationskosten. Storen, die mit dem System ausgestattet sind, werden bei einer Hagelwarnung in der Region automatisch eingefahren und nach Entwarnung wieder in den vorherigen Zustand ausgefahren.

Die Wirksamkeit des Systems hat das Unwetter vom 8. Juli 2017 aufgezeigt: Gebäude, die mit dem System «Hagelschutz – einfach automatisch» ausgerüstet waren, blieben von Storenschäden verschont.

Im Berichtsjahr wurden 28 Hagelboxen installiert (2017: 21)

Förderung von koordiniertem Objektschutz

Die AGV beteiligt sich gemäss § 10a der Elementarfondsverordnung seit 2016 finanziell an den Kosten für Wasserbauprojekte, die den koordinierten Objektschutz in der Bauzone bezwecken. Ihr Beitrag beträgt 5 Prozent der Investitionskosten.

Im Jahr 2016 hat die AGV Zusicherungen für 8 Projekte in der Höhe von CHF 2.35 Mio. gemacht. 2017 kamen weitere Zusicherungen von CHF 0.538 Mio. für 8 kleinere Projekte dazu. Im Berichtsjahr sicherte die AGV CHF 0.042 Mio. für 5 Projekte zu. Die konkreten Zahlungen erfolgen verteilt über die nächsten Jahre. 2018 fielen für die AGV effektive Zahlungen in der Höhe von CHF 0.144 Mio. an (2017: CHF 0.72).

Guter Schutz für Neu-, An- und Umbauten

Im Kanton Aargau ist der Schutz vor Naturgefahren im Baurecht vorgeschrieben. Die AGV bietet als Gratisdienstleistung für Bauverwaltungen die kostenlose Prüfung der Hochwasserschutznachweise an. Im Berichtsjahr beurteilten die Spezialistinnen und Spezialisten der AGV 2’122 Hochwasserschutznachweise im Rahmen von Neu-, An- und Umbauten von Gebäuden (2017: 1’724).

Einführung der Gefährdungskarte Oberflächenabfluss

Oberflächenabfluss ist eine unterschätzte Naturgefahr und wurde bis anhin nicht systematisch dokumentiert. Oberflächenabfluss ist der Anteil des Regenwassers, der bei besonders starken Niederschlägen auf der Geländeoberfläche abfliesst. Bei Starkniederschlägen geht rund die Hälfte der Gebäudeschäden auf Oberflächenabfluss, die andere Hälfte auf ausufernde Bäche, Flüsse und Seen zurück.

Das Bundesamt für Umwelt hat zusammen mit dem Schweizerischen Versicherungsverband und der Vereinigung Kantonaler Gebäudeversicherungen (VKG) die Gefährdungskarte Oberflächenabfluss Schweiz (GOA) erstellt und am 3. Juli 2018 lanciert. Die GOA zeigt auf, welche Flächen in der Schweiz von Oberflächenabfluss potenziell betroffen sind. Die Karte und weitere Informationen sind über www.agv-ag.ch/gk verfügbar.

Im Kanton Aargau ist die GOA derzeit baurechtlich nicht verbindlich. Sie ist eine fachtechnische Grundlage und hat hinweisenden Charakter. Nach einem Überschwemmungsschaden kann aber die AGV zukünftige Versicherungsleistungen einschränken, wenn keine geeigneten und verhältnismässigen Schutzmassnahmen ergriffen werden. Da die nachträgliche Umsetzung von Massnahmen in der Regel teurer ist, empfiehlt die AGV, diese bereits im Rahmen von Baugesuchen umzusetzen. Zur Planung von konkreten Schutzmassnahmen muss die Gefährdung vor Ort überprüft werden. Bei Bedarf können die Spezialisten der AGV beratend beigezogen werden.

Die AGV verwendet die GOA systematisch im Rahmen von Neu-, An- und Umbauten oder bei bestehenden Bauten aufgrund eines Überschwemmungsschadens.

Die «6-teilige Gefährdungsübersicht» der AGV wurde im Berichtsjahr mit der neuen GOA erweitert. Die Gefährdungsübersicht zeigt auf sechs Teilkarten mögliche Gefahren, die von Hochwasser und Oberflächenabfluss auf ein Gebäude einwirken können. Die Gefährdungsübersicht können Bauverwaltungen und Planende kostenlos bei der AGV beziehen. Sie wird als PDF per Mail zugestellt.

Mit Vorliegen der neuen GOA hat die AGV in Zusammenarbeit mit dem Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau das Formular Hochwasserschutznachweis entsprechend angepasst und vereinfacht. Im Oktober 2018 informierte die AGV die Gemeinden über den neuen Hochwasserschutznachweis, die GOA und andere wichtige Neuerungen und interessante Themen aus der Prävention. Am 12. Dezember 2018 konnte ausserdem das Merkblatt «Umsetzung des Überschwemmungsschutzes im Baubewilligungsverfahren» veröffentlicht werden.

Die ESP ist in der Ausbildung aktiv

Für Planung, Realisierung und Bewilligung von Bauvorhaben ist es wichtig, die Anforderungen zum Schutz vor Naturgefahren im Detail zu kennen. Die AGV bietet Schulungen zum Thema naturgefahrensicheres Bauen an für alle, die an Bau, Betrieb und Unterhalt beteiligt sind.

Der Seminarbetrieb fokussierte sich schwerpunktmässig auf die Zielgruppe der Bauverwalterinnen und Bauverwalter. Unter dem Motto «Näher zu den Kunden» wurde in 15 verschiedenen Regionen des Kantons ein Praxisseminar für Bauverwalterinnen und Bauverwalter durchgeführt. Thema war die Umsetzung des Überschwemmungsschutzes im Baubewilligungsverfahren. Die ersten 7 Kurse fanden im zweiten Halbjahr 2017 statt, die restlichen 8 im ersten Halbjahr 2018. Seit November 2018 werden die Bauverwaltungen zur Handhabung und Umsetzung der neuen GOA im Rahmen von Extra-Seminaren geschult. Im Berichtsjahr fand die erste Schulung statt.

Die zwei Lektionen der AGV im Rahmen des Diploma of Advanced Studies in der Fachrichtung «Öffentliches Gemeinwesen» an der Fachhochschule in Windisch wurden auch im Berichtsjahr weitergeführt.

Ebenso hat die ESP weiterhin den Auftrag, im Lehrgang für Sicherheitsbeauftragte Brandschutz der AGV die Teilnehmenden während zwei Lektionen für ESP-Anliegen zu sensibilisieren.

Die Grundlagenseminare «Gebäudeschutz vor Naturgefahren» für Planer, Architekten und Handwerker hat die AGV im Jahr 2018 zweimal zum Thema Überschwemmung und einmal zum Thema Sturm und Hagel durchgeführt (2017: 1 und 0).

2017 entwickelte die AGV ein weiteres Seminarformat, das darauf ausgelegt ist, auch direkt in Architektur- und anderen Planungsbüros vor Ort zu schulen. Im Rahmen einer Pilotveranstaltung wurde dieses neue Konzept 2018 in einem Architekturbüro zum Thema «Gebäudeschutz vor Überschwemmung» umgesetzt.

Wie bereits im Vorjahr wurden die Kolleginnen und Kollegen der Abteilung Gebäudeversicherung der AGV zu Themen aus der ESP geschult. Im Berichtsjahr lag der Fokus auf der neuen GOA und deren Anwendung in der AGV. Das AGV-interne Seminar hat die ESP 2018 zweimal durchgeführt (2017: 3).

Kennzahlen20182017
Bearbeitete Einzelfälle Objektschutz1004851
Beitragszusagen für Objektschutzmassnahmen178132
Beitragszusagen für Objektschutzmassnahmen (Mio. CHF)1.1520.859
Hochwasserschutznachweise bei Neubauten21221724
Vernehmlassung bezüglich Zonenplanänderungen7182
Beiträge Wasserbau (Mio. CHF)0.0420.538
Ausbildung20182017
Anmeldungen Kursteilnehmer251168
Seminare1715

Gemeindeumfrage

Von August bis Mitte September 2018 hat die AGV die Gemeinden des Kantons Aargau zu ihrer Einschätzung des Dienstleistungsangebots der AGV im Bereich Prävention befragt. 98 Gemeinden haben an dieser Umfrage teilgenommen. Das Ergebnis der Umfrage ist für die AGV sehr wichtig, damit sie ihr Angebot weiter auf die Bedürfnisse der Gemeinden ausrichten kann. Die Zusammenarbeit im Bereich Brand- und Hochwasserschutz wird sehr geschätzt. Die Anregungen und Verbesserungsvorschläge der Gemeinden wird die AGV nun in ihre zukünftige Arbeit überführen.

Risikokarte Hochwasser Aargau

Die AGV und das Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau haben im Jahr 2018 eine Risikoanalyse in Bezug auf Hochwasser durchgeführt. Ziel war es, herauszufinden, wie die Hochwasserrisiken im Kanton Aargau verteilt sind. Mit der Risikokarte liegt nun eine Grundlage vor, mit welcher Risiko-Hotspots lokalisiert und die Hochwasserschutzprojekte des Kantons und der Gemeinden priorisiert werden können. Der Bericht und die Karten sind via www.agv-ag.ch/gk einsehbar.

Hagelschäden 2018
Sturmschäden 2018
Überschwemmungsschäden 2018

Einführung eBau Aargau

Seit April 2018 findet bei der AGV die Prüfung der Hochwasserschutznachweise für die Bauverwaltungen nur noch digital statt. Kundinnen und Kunden der AGV können Gesuche entweder per E-Mail oder via das kantonale Online-Portal eBau einreichen. So sparen alle Beteiligten Ressourcen und Administration.

Die AGV engagiert sich aktiv in nationalen Gremien

Die Spezialisten der AGV arbeiteten auch im Jahr 2018 in wichtigen nationalen Kommissionen an neuen, schweizweiten Standards der ESP mit. Zum Beispiel in der Kommission für Elementarschaden sowie in der Kommission «Ausbildung der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen» in Bern.