Elementarschadenprävention

Der Kanton Aargau blieb 2019 von grösseren Elementarereignissen verschont. Es kam jedoch zu lokalen Sturm-, Hagel- und Überschwemmungsereignissen. Der Fokus lag weiterhin auf der Beratung der Geschädigten des Grossereignisses vom 8. Juli 2017 im Raum Zofingen.

Im Berichtsjahr beurteilten die Spezialisten der Elementarschadenprävention (ESP) bei 892 Gebäuden das Elementarschadenrisiko (2018: 1’004). In 137 Fällen (2018: 178) gewährte die AGV finanzielle Beiträge für Massnahmen des Objektschutzes, insgesamt CHF 1.299 Mio. (2018: CHF 1.152 Mio.).

Das Schadenpotenzial von Hagelschäden an Storen ist sehr hoch. Daher bewirbt die AGV das Storenschutzsystem «Hagelschutz – einfach automatisch» und übernimmt bis zu 40 Prozent der Installationskosten. Storen, die mit dem System ausgestattet sind, werden bei einer Hagelwarnung in der Region automatisch eingefahren und nach Entwarnung wieder in den vorherigen Zustand ausgefahren.

Im Berichtsjahr wurden 18 Boxen installiert (2018: 28).

Die AGV beteiligt sich gemäss § 10a der Elementarfondsverordnung seit 2016 finanziell an den Kosten von Wasserbauprojekten im Rahmen des übergeordneten Hochwasserschutzes. Die AGV bezahlt fünf Prozent der Investitionskosten.

Die AGV hat seit 2016 für 29 Projekte Zusicherungen in der Höhe von insgesamt CHF 3.49 Mio. erteilt. Für das Berichtsjahr sind es CHF 0.561 Mio. für 8 Projekte. Die Zahlungen erfolgen nach Abrechnung der Projekte durch die kantonale Verwaltung. Insgesamt hat die AGV bereits CHF 1.96 Mio. an solche Projekte ausgezahlt, 2019 waren es CHF 0.289 Mio.

Im Kanton Aargau ist der Schutz vor Naturgefahren im Baurecht vorgeschrieben. Seit dem Jahr 2009 beraten die ESP-Spezialistinnen und -Spezialisten der AGV Planerinnen und Planer sowie Baubewilligungsbehörden bei der Umsetzung des Überschwemmungsschutzes bei Neu-, An- und Umbauten. Diese Dienstleistung ist kostenlos.

Ein Grossteil der Gebäude im Kanton Aargau ist potenziell von Oberflächenabfluss betroffen. Mit der Erstellung der Gefährdungskarte Oberflächenabfluss (GOA) des Bundesamts für Umwelt im Jahr 2018 bezieht die AGV diese in die Gefahrenbeurteilung ein. Sofern eine Gefährdung vorliegt, macht die AGV einen Hinweis in ihren Stellungnahmen an die Bewilligungsbehörde und im Begleitschreiben zur Anmeldung der Bauzeitversicherung an die Bauherrschaft. Die Anwendung der GOA erweitert die Gefährdungsprüfung um wichtige Grundlagen, weshalb im Berichtsjahr die Spezialistinnen und Spezialisten der AGV mehr Gefährdungshinweise abgaben als in den Vorjahren (2019: 3’891; 2018: 2’122).

Im Kanton Aargau ist die GOA derzeit baurechtlich nicht verbindlich. Versicherungsrechtlich kann die AGV nach einem Schadenfall aber nötige und verhältnismässige Schutzmassnahmen verlangen. Daher empfiehlt die AGV, Schutzmassnahmen bereits in die Planung von Neu-, An- und Umbauten miteinzubeziehen.

Naturgefahrensicheres Bauen erfordert spezifische Fachkenntnisse. Die AGV bietet daher zielgerichtete Schulungen für die Entscheidungsträgerinnen und -träger im Bereich Bau an.

Alljährlich bietet die AGV Grundlagenseminare für Bauverwalterinnen und Bauverwalter an, die noch kein AGV-Seminar besucht haben oder ihr Wissen auffrischen möchten. Thema ist jeweils die Umsetzung des Überschwemmungsschutzes im Baubewilligungsverfahren. Im Berichtsjahr wurden 2 Seminare durchgeführt (2018: 0).

Nach der Lancierung der GOA des Bundesamts für Umwelt im Jahr 2018 hat die AGV die Bauverwaltungen zur Handhabung und Umsetzung der GOA im Rahmen von ausserordentlichen Extra-Seminaren geschult. Die erste Schulung fand im November 2018 statt, die restlichen 4 im Berichtsjahr. Zudem führte die AGV auch für Planer 1 Extra-Seminar zur Handhabung und Umsetzung der GOA durch.

Die Wichtigkeit der Elementarschadenprävention zeigt sich auch beim Diploma of Advanced Studies (DAS) in der Fachrichtung «Öffentliches Gemeinwesen» an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Brugg-Windisch. Die von der AGV durchgeführten Lektionen wurden von 2 Lektionen im Jahr 2018 auf 5 im Jahr 2019 erhöht. Neu wurden nicht nur Hochwasser und Oberflächenabfluss behandelt, sondern alle Naturgefahren, die für die Schweiz relevant sind.

In den Lehrgang der AGV für Sicherheitsbeauftragte Brandschutz wurden, wie im Jahr zuvor auch, Lektionen zum Thema Elementarschadenprävention integriert. Die Kursteilnehmenden wurden so nicht nur für den Brandschutz, sondern auch für die ESP-Anliegen sensibilisiert.

Aber auch für Planerinnen und Handwerker wurden Seminare angeboten. Die Grundlagenseminare «Gebäudeschutz vor Naturgefahren» hat die AGV für diese Anspruchsgruppe im Jahr 2019 3-mal durchgeführt: 2-mal zum Thema «Überschwemmung» und 1-mal zum Thema «Sturm und Hagel» (2018: 2 und 1).

Die ESP schult aber auch die Mitarbeitenden der AGV. Im Berichtsjahr haben die AGV-Aussendienstmitarbeitenden ihr ESP-Wissen im Rahmen 1 Seminars zum Thema «ESP im Schadenfall» aufgefrischt (2018: 2 Seminare zum Thema GOA).

Im Berichtsjahr wurde die AGV zu 3 Veranstaltungen eingeladen, um über die Elementarschadenprävention zu informieren:

• An der Mitgliederversammlung des Vereins Aktives Bottenwil durfte die ESP ein Gastreferat zum Überschwemmungsschutz am Gebäude halten.
• Am Fachkurs «Elementarschadenintervention» für Offiziere der Abteilung Feuerwehrwesen fand ein Workshop «Zusammenarbeit mit Partnern» statt. Die AGV gewährte einen Einblick in die Themen «Elementarschadenprävention» und «Hochwassermanagement Kanton Aargau».
• An der Informationsveranstaltung der AGV in Wohlen für Feuerwehrangehörige zeigte die ESP auf, warum es die Elementarschadenprävention braucht und welches ihre Handlungsfelder sind.

2018 hat die AGV die Gemeinden des Kantons Aargau zu ihrer Einschätzung des Dienstleistungsangebots der AGV im Bereich Prävention befragt. Die ESP hat bereits 2018 begonnen, Anregungen und Verbesserungsvorschläge in ihre Arbeit zu integrieren. Im Berichtsjahr hat die ESP folgende Neuerungen und Anpassungen vorgenommen:

• Viele Aargauer Gemeinden haben gewünscht, einen Online-Zugang zur AGV-Gefährdungsübersicht zu haben. Seit dem 11. Oktober 2019 ist das für alle möglich. Die Online-Gefährdungsübersicht erstellt eine sechsteilige Übersichtskarte der gewünschten Region mit Darstellung der Gefährdung durch Hochwasser und Oberflächenabfluss. Es ist eine praxisgerechte Zusammenfassung von Inhalten, die auf anderen Internetportalen bereits veröffentlich sind. Die Gefährdungsübersicht ist unter www.agv-ag.ch/gk zugänglich.
• Teilweise sind das Rollenverständnis und die Zuständigkeiten bei der Prüfung, der Umsetzung und der Kontrolle von Schutzmassnahmen in den Gemeinden unklar. Die AGV nutzt ihre verschiedenen Kanäle, wie zum Beispiel ihre Stellungnahme zum Hochwasserschutznachweis oder in der Korrespondenz an die Gemeinden, um das Rollenverständnis zu klären: Die Baubewilligungsbehörde trägt die Verantwortung, bei der Bewilligung von Bauvorhaben den genügenden Schutz vor Naturgefahren sicherzustellen (§ 52 Gesetz über Raumentwicklung und Bauwesen). Die AGV bietet als kostenlose Dienstleistung die materielle Prüfung des Hochwasserschutznachweises für Bewilligungsbehörden an. Bleibt die AGV-Prüfung im Rahmen der Baubewilligung aus, begutachtet die AGV spätestens bei der Anmeldung zur Bauzeitversicherung den Überschwemmungsschutz.

Im Kanton Aargau gibt es temporäre Hochwasserschutzsysteme für den Flächenschutz. Bei drohendem Hochwasser werden Schutzpaneele oder Dammbalken in festinstallierte Halterungskonstruktionen eingesetzt. So wird das Gebiet hinter dem Schutzsystem vor drohendem Hochwasser abgeschirmt.

Seit 2017 haben die Abteilung Landschaft und Gewässer des Departements für Bau, Verkehr und Umwelt und die AGV mit Unterstützung eines spezialisierten Ingenieurbüros an einer Checkliste für die Beurteilung solcher temporären Hochwasserschutzsysteme gearbeitet.

Ziel des Projekts ist, die Einsatzsicherheit wichtiger temporärer Schutzmassnahmen auf höchstem Niveau zu halten.

Die 2019 fertig gestellte Checkliste umfasst Fragen zu Alarmierung, Einsatzplanung, Einsatz, Unterhalt der Systeme und Ausbildung der Einsatzkräfte.

Im Rahmen eines ersten Audits in Windisch konnte dieses neue Werkzeug 2019 geprüft werden. Verbesserungsmöglichkeiten, und wie diese umgesetzt werden, werden nun geprüft.

Die Plattform für den Gebäudeschutz vor Naturgefahren bietet neu die Möglichkeit, spezifische Informationen für jeden Kanton abzurufen. Die AGV war Initiantin dieser Erweiterung der Plattform. Andere kantonale Gebäudeversicherungen wollen die Idee adaptieren und werden ihre Einstiegsseiten mit den für ihren Kanton relevanten Informationen füllen.

Ziel der kantonalen Landingpage auf www.schutz-vor-naturgefahren.ch ist, die verschiedenen Anspruchsgruppen wie Gebäudeeigentümerin / Bauherr, Planerin und Bauverwalter in ihren kantonsspezifischen Fragestellungen optimal zu unterstützen.

Die Spezialisten der AGV arbeiteten auch 2019 in wichtigen nationalen Kommissionen an neuen, schweizweiten Standards der ESP: in der Kommission für Elementarschaden und in der Kommission Ausbildung der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen.