Elementarschadenprävention

Elementarschadenprävention

Der Fachbereich Elementarschadenprävention der AGV hat sein Ziel, Gebäude mit einfachen und verhältnismässigen Schutzmassnahmen widerstandsfähiger gegen Naturgefahren zu machen, auch 2023 mit Nachdruck verfolgt. Besonderes Augenmerk wurde im Berichtsjahr darauf gelegt, allen Bauherrschaften das System «Hagelschutz – einfach automatisch» bekannt zu machen. Die automatische Storensteuerung ist eine wichtige Massnahme, um Gebäude vor Schäden durch die immer häufigeren Hagelzüge zu schützen. Daneben verfolgte die AGV im Berichtsjahr ihre Kernaufgaben in der Elementarschadenprävention wie beispielsweise kostenlose Beratungen und das Durchführen von ESP-Seminaren für an Bau, Betrieb und Unterhalt von Gebäuden Beteiligten.

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Beratungen zu Gebäuden mit erhöhtem Risiko

Wie in den Vorjahren kontaktierten Spezialistinnen und Spezialisten der Elementarschadenprävention aktiv Eigentümerinnen und Eigentümer, deren Gebäude in der Vergangenheit schon einen Schaden insbesondere infolge von Hochwasser oder Oberflächenabfluss erlitten haben und einen ungenügenden Schutz aufwiesen. Im Berichtsjahr wurden die Beratungen zudem auf Gebäude ausgeweitet, die bereits grössere Hagelschäden erlitten haben. Ziel ist, diese Gebäude vor weiteren Elementarschäden angemessen zu schützen.

Direkt nach einem Schadenereignis werden Schutzmassnahmen von Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümern am ehesten als notwendig erachtet und dann auch umgesetzt. So wird die Chance genutzt, kurz nach oder im besten Fall im Zug der Schadenregulierung einen sinnvollen Schutz vor Naturgefahren sicherzustellen. Aber auch bei länger zurückliegenden Schadenfällen zeigt die AGV den Eigentümerinnen und Eigentümern Möglichkeiten auf, ihre Gebäude vor Elementarschäden zu schützen. Die AGV achtet darauf, dass die Massnahmen sowohl technisch geeignet als auch wirtschaftlich sind. Sie kann bis zu 40 Prozent der Kosten für eine Schutzmassnahme übernehmen.

Im Berichtsjahr beurteilten die Spezialistinnen und Spezialisten der Elementarschadenprävention bei 2’257 Gebäuden das Elementarschadenrisiko (2022: 1’407). Wo nötig, empfahlen sie geeignete Objektschutzmassnahmen. In 115 Fällen (2022: 134) gewährte die AGV finanzielle Beiträge für Massnahmen des Objektschutzes, insgesamt CHF 0.64 Mio. (2022: CHF 0.66 Mio.).

Storenschutz «Hagelschutz – einfach automatisch»

Storen, die mit dem System «Hagelschutz – einfach automatisch» ausgestattet sind, werden bei einer Hagelwarnung in der Region automatisch eingefahren und je nach System nach Entwarnung wieder in den vorherigen Zustand ausgefahren.

Bei Neubauten sollte das System «Hagelschutz – einfach automatisch» mittlerweile als Standard angesehen werden. Automatische Storensteuerungen zum Schutz vor Hagel sind seit 2020 in der Norm SIA 261/1 geregelt. Bei Neubauten ab 1. Januar 2023 erinnert die AGV deshalb jede Bauherrschaft an die Installation des Hagelschutzsystems durch Abgabe des Flyers «Hagelschutz – einfach automatisch»: www.agv-ag.ch/praevention/elementarschaden/dokumente. Ebenfalls organisierte die AGV für Vertreterinnen und Vertreter der Elektro-Installationsfirmen im Kanton Aargau eine Infoveranstaltung zum Thema «Hagelschutz – einfach automatisch».

Für Neubauten mit einem erhöhten Schadenrisiko bietet die AGV zusätzlich eine individuelle Beratung an. Das Hagelschutzsystem ist insbesondere unerlässlich bei Gebäuden mit Storen, deren Gesamtfläche grösser als 100 Quadratmeter ist, weil deren Storen in der Regel auch Teil des sommerlichen Wärmeschutzes und deshalb vor allem in der Hagelsaison dauerhaft exponiert sind. Der Verlust der Storen aufgrund von Hagelschlag kann deshalb zu einer Überhitzung des Gebäudes führen. Die Gebäude sind in der Folge nur noch bedingt benutzbar. Nach einem grossen Hagelzug kann es Monate dauern, bis neue Storen eingebaut werden können.

Die Eigentümerschaft entscheidet grundsätzlich selbst, ob sie das Hagelschutzsystem einbaut (Wahlfreiheit). Nach einem Hagelschaden an den Storen prüft die AGV, ob zukünftige Schäden durch das System «Hagelschutz – einfach automatisch» mit verhältnismässigem Aufwand verhindert werden können. Setzt die Eigentümerschaft verhältnismässige Schutzmassnahmen nicht um, kann dies bei einem nächsten Schadenfall zu Leistungseinschränkungen führen.

Für Neubauten kann die AGV aufgrund der rechtlichen und normativen Rahmenbedingungen keine finanziellen Beiträge leisten. Weiterhin leistet die AGV aber Beiträge bei der Nachrüstung bestehender Gebäude, sie können bis zu 40 Prozent der Installationskosten betragen.

Im Berichtsjahr wurden Beiträge zur Installation von 52 Hagelboxen zugesprochen (2022: 36).

Beiträge an den übergeordneten Hochwasserschutz

Die AGV beteiligt sich gemäss § 11 der Präventionsfondsverordnung (zuvor Elementarfondsverordnung, EFV) seit 2016 finanziell an den Kosten von Wasserbauprojekten im Rahmen des übergeordneten Hochwasserschutzes. Die AGV bezahlt 5 Prozent der Investitionskosten von Wasserbauprojekten, die den koordinierten Objektschutz in der Bauzone bezwecken.

Die AGV hat seit 2016 für 53 Projekte Zusicherungen in der Höhe von insgesamt CHF 5.15 Mio. erteilt. Für das Berichtsjahr sind es CHF 0.38 Mio. für 11 Projekte (2022: CHF 0.42 Mio., 3 Projekte). Die Zahlungen erfolgen nach Abrechnung der Projekte durch die kantonale Verwaltung. Insgesamt hat die AGV bereits CHF 3.46 Mio. an solche Projekte ausgezahlt, 2023 waren es CHF 0.19 Mio. (2022: CHF 0.34 Mio.).

Guter Schutz für Neu-, An- und Umbauten

Gemäss § 52 des kantonalen Baugesetzes müssen alle Bauten und Anlagen genügend sicher vor Hochwasser und anderen Naturgefahren sein. Bei Neubauten und bewilligungspflichtigen Nutzungsänderungen sowie Um- und Anbauten in Gefahrengebieten wird ein Nachweis des Überschwemmungsschutzes bei der Eingabe eines Baugesuchs gefordert. Die Grundlagen sind die Gefahrenkarte Hochwasser, die Gefahrenhinweiskarte Hochwasser und bekannte Gefährdungen wie vergangene Überschwemmungen und Schadenerfahrungen der AGV.

Als kostenlose Dienstleistung bietet die AGV den Baubewilligungsbehörden die materielle Prüfung des Hochwasserschutznachweises an. Bleibt die AGV-Prüfung im Rahmen der Baubewilligung aus, begutachtet die AGV den Überschwemmungsschutz spätestens bei der Anmeldung für die Bauzeitversicherung. Das Formular «Hochwasserschutznachweis» ist Bestandteil der Versicherungspolice. Planenden empfiehlt die AGV, bereits in der Konzeptphase den Schutz vor Naturgefahren einzubeziehen. Je früher Naturgefahren bei Bauvorhaben einbezogen werden, umso besser können nötige Schutzmassnahmen gestalterisch integriert und Mehrkosten verhindert werden. Die AGV kann beratend beigezogen werden.

Für die Gefährdungsprüfung ziehen die Spezialistinnen und Spezialisten der Elementarschadenprävention ausserdem die Gefährdungskarte Oberflächenabfluss systematisch bei und weisen auf potenzielle Gefährdungen hin. Diese Gefährdungskarte hat im Kanton Aargau derzeit keine Rechtsverbindlichkeit. Die gängigen Normen verlangen jedoch geeignete Schutzmassnahmen. Versicherungsrechtlich kann die AGV spätestens nach einem Schadenfall nötige und verhältnismässige Schutzmassnahmen verlangen. Daher empfiehlt die AGV, Schutzmassnahmen bereits in die Planung von Neu-, An- und Umbauten einzubeziehen. Nachträgliche Massnahmen sind in der Regel teurer und nur schwer ins Gesamtbild einzufügen.

Seit 2023 zieht die AGV auch die Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen und den zugehörigen Naturereigniskataster bei ihren Beurteilungen heran und weist auf potenzielle und bekannte Gefahren hin.

Im Berichtsjahr beurteilten die Spezialistinnen und Spezialisten der Elementarschadenprävention 3’716 Gebäudeplanungen im Rahmen von Neu-, An- und Umbauten hinsichtlich ihrer Exposition gegenüber Naturgefahren (2022: 4’148).

Kennzahlen20232022
Bearbeitete Einzelfälle Objektschutz2’2571’407
Beitragszusagen für Objektschutzmassnahmen115134
Beitragszusagen für Objektschutzmassnahmen (Mio. CHF)0.640.66
Beurteilungen von Neubauten3’7164’148
Vernehmlassungen bezüglich Zonenplanänderungen3571
Beiträge Wasserbau (Mio. CHF)0.380.42

Der Bereich Elementarschadenprävention ist in der Ausbildung aktiv

Naturgefahrensicheres Bauen erfordert spezifische Fachkenntnisse. Die AGV bietet daher zielgerichtete Schulungen für Entscheidungsträgerinnen und -träger im Bereich Bau an.

Für Bauverwalterinnen und -verwalter, die noch kein AGV-Seminar besucht haben oder ihr Wissen auffrischen möchten, bietet die AGV ein Grundlagenseminar an. Darin werden die Grundlagen zur Umsetzung des Überschwemmungsschutzes im Baubewilligungsverfahren vermittelt. Neu wird auch die Handhabung der Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen und des Naturereigniskatasters im Baubewilligungsverfahren thematisiert. Im Berichtsjahr wurden 2 Grundlagenseminare durchgeführt (2022: 1 Seminar).

Angehende Bauverwalterinnen und -verwalter unterrichtet die AGV im Rahmen des Diploma of Advanced Studies (DAS) in der Fachrichtung «Öffentliches Gemeinwesen» an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) in Brugg-Windisch. Während fünf Lektionen lernen die Auszubildenden den Umgang mit Naturgefahren im Baubewilligungsverfahren.

Ebenso wichtig wie die Aus- und Weiterbildung von Bauverwalterinnen und -verwaltern ist die Ausbildung von Planerinnen und Planern sowie Handwerkerinnen und Handwerkern. Je früher Gefährdungen durch Naturgefahren in Gebäudeplanungen und -ausführungen einbezogen werden, desto günstiger und weniger sichtbar sind die Schutzmassnahmen. Die Grundlagenseminare «Gebäudeschutz vor Naturgefahren» hat die AGV für diese Anspruchsgruppen im Berichtsjahr 4-mal durchgeführt: 3-mal zum Thema «Überschwemmung» und 1-mal zum Thema «Sturm und Hagel» (2022: 2 und 0). Neu wird im Grundlagenseminar «Überschwemmung» auch die Handhabung der Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen und des Naturereigniskatasters im Baubewilligungsverfahren thematisiert.

Im Berichtsjahr fand 1 Workshop im Rahmen des Fachkurses «Elementarschadenintervention» für Offizierinnen und Offiziere der Feuerwehr statt (2022: 1). Die ESP gewährte hierbei einen Einblick in die Themen «Elementarschadenprävention» und «Hochwassermanagement Kanton Aargau».

Im Berichtsjahr bot die Abteilung Militär und Bevölkerungsschutz des Kantons Aargau angehende Naturgefahrenberatende der Regionalen Führungsorgane im Kanton Aargau zum anderthalbtägigen Fachkurs «Lokaler Naturgefahrenberater» auf. Hierzu trug die AGV mit einem Referat zum Thema «Oberflächenabfluss» bei (2022: 1).

Im Berichtsjahr lud der Hauseigentümerverband Lenzburg seine Mitgliederinnen und Mitglieder zu einem Informationsanlass ein. Unter dem Titel «Schadenprävention für das Gebäude – Ist Ihr Eigenheim vor Naturgefahren geschützt?» konnte die AGV im Rahmen eines Referats über die Elementarschadenprävention informieren.

Für Vertreterinnen und Vertreter der Elektro-Installationsfirmen im Kanton Aargau bot die AGV im Berichtsjahr eine Infoveranstaltung zum Thema «Hagelschutz – einfach automatisch» an. Als Gastreferenten traten Thomas Bucheli, Leiter «SRF Meteo», und Martin Jordi, Geschäftsbereichsleiter Elementarschaden-Prävention der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen (VKF), auf.

Ausbildung20232022
Seminarteilnehmende193146
Seminare / Veranstaltungen1110

Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen

Die Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen wurde unter der Projektleitung des Departements Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) erarbeitet und ist seit Ende September 2022 im Geoportal des Kantons Aargau öffentlich zugänglich. Anfang 2023 erarbeitete die AGV zusammen mit dem BVU die Richtlinien für die praktische Umsetzung der Karte im Baubewilligungsverfahren und überführte diese in das entsprechende Merkblatt des BVU.

Die Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen ist zurzeit noch keine verbindliche Grundlage für raumwirksame Tätigkeiten. Einem Hinweis auf der Karte muss die Behörde demnach erst dann nachgehen, wenn zusätzlich eine «bekannte Gefährdung» vorliegt. Hinweise auf eine «bekannte Gefährdung» ergeben sich zum Beispiel aus dem Wissen über vergangene Ereignisse der Gemeinde, von Ortskundigen oder aus dem Naturereigniskataster. Liegt für die Parzelle ein Hinweis auf eine solche «bekannte Gefährdung» vor, sind mit dem Baugesuch geeignete Schutzmassnahmen aufzuzeigen.

Die AGV unterstützt die Bewilligungsbehörden, indem sie im Berichtsjahr ihre bestehenden Prozesse um den Sachinhalt «Massenbewegungen» erweitert hat. So ist beispielsweise die Gefährdungsübersicht der AGV um den Naturereigniskataster und die Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen erweitert worden: www.agv-ag.ch/gk. Weiter wurde die AGV-Stellungnahme zur materiellen Prüfung des Hochwasserschutznachweises zuhanden der Baubewilligungsbehörden mit Hinweisen zu Massenbewegungen ergänzt. Und darüber hinaus thematisieren die AGV-Seminare für Baubewilligungsbehörden und Planende neu auch die Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen und deren Handhabung im Baubewilligungsverfahren.

Projektbegleitung der AGV: Pilotprojekt und Vorgehensmodell «Koordinierter Schutz vor Oberflächenabfluss» findet schweizweit Anerkennung

Die Themenfelder Oberflächenabfluss, Hochwasser und Siedlungsentwässerung sind eng miteinander verbunden und bedürfen einer Koordination zwischen den zuständigen Stellen des Bundes, der kantonalen Verwaltung, der Gemeinden, der Eigentümerschaft und der AGV. Als erster Schritt in diese Richtung wurde im Jahr 2021 die Arbeitshilfe «Koordination Entwässerung – Analyse und Arbeitshilfe» erarbeitet. Im Jahr 2022 wurde diese Arbeitshilfe anlässlich des Entwicklungsschwerpunkts Klima des Regierungsrats im Rahmen des Projekts «Feldentwässerung Möhlin» auf ihre Praxistauglichkeit getestet. Die Grundlagenerhebung, die Erarbeitung mehrerer Lösungsvarianten und eine Evaluation der Bestvariante, des konkreten Lösungsvorschlags, die Erkenntnisse für die künftige Bearbeitung entsprechender Projekte und offene Vollzugsfragen wurden in einem Bericht dokumentiert. Das Projekt konnte im Februar 2023 mit der Veröffentlichung des Berichts abgeschlossen werden. Die Erkenntnisse finden grosse Anerkennung in der Fachwelt.

Die AGV engagiert sich aktiv in nationalen Gremien

Die Spezialistinnen und Spezialisten der AGV arbeiteten auch im Jahr 2023 in wichtigen nationalen Kommissionen der VKF an neuen, schweizweiten Standards der Elementarschadenprävention mit: in der Kommission für Elementarschaden (KES), in der Fachgruppe Normenvernehmlassungen, in der Kommission Ausbildung (KAB), in der Fachkommission Elementarschutzregister (FER) und in der Projektgruppe www.Schutz-vor-Naturgefahren.ch.

Örtliche Verteilung der Hagelschäden 2023

Hagel alle

Örtliche Verteilung der Sturmschäden 2023

Sturm alle

Örtliche Verteilung der Überschwemmungsschäden 2023

Ueberschwemmungen alle

Örtliche Verteilung der Schneeschäden 2023

Schnee alle