DAS TELEFON REVOLUTIONIERT DIE ALARMIERUNG

Bei einem Brandfall entscheiden mitunter Sekunden über Leben und Tod. Eine effiziente Alarmorganisation erweist sich als eine entscheidende Bedingung für ein erfolgreiches Wirken der Feuerwehr. Die Erfindung des Telefons am Ende des 19. Jahrhunderts revolutionierte das Alarmierungswesen mit weitreichenden Konsequenzen.

Turmwächter und Kanonenschüsse

In den mittelalterlichen Städten und bis in die Neuzeit oblag die Feuerwache den Nacht- und Turmwächtern. Brach ein Brand aus, hatten die Wächter vorschriftsmässig Alarm zu schlagen, sei es mittels Glocken, Trommeln, Trompeten oder dem Feuerhorn.

Im Aargau existierten seit der Gründung des Kantons im Jahr 1803 auch mehrere Hochwachten. Aufgabe der Hochwächter war es, bei Ausbruch eines Feuers mit Kanonenschüssen auf das Ereignis aufmerksam zu machen. Die Hochwachten befanden sich in Aarburg, Biberstein, Brunegg, Habsburg und Lenzburg.

Technische Revolution: das Telefon

Am Ende des 19. Jahrhunderts revolutionierte die Erfindung des Telefons das Alarmierungswesen mit weitreichenden Konsequenzen. Die Verbreitung der Telefonie erfolgte allerdings nicht schlagartig. Noch in den 1980er-Jahren war nicht jeder Haushalt im Kanton Aargau mit einem Telefonanschluss bestückt. In vielen Gemeinden war jedoch eine Zentrale vorhanden, über welche weitere Anschlüsse bereits damals simultan alarmiert werden konnten. Zu einer ersten Zentralisierung kam es in den 1990er-Jahren. Geschaffen wurden 13 Alarmstellen, unter anderem im Frauenkloster Hermetschwil oder beim Kernkraftwerk Leibstadt.

Alarmierungskarte mit Notrufzentralen. Stand 1.1.1993

Alarmierungsstelle in der Verkehrsleitzentrale in Schafisheim

Zu Beginn des neuen Jahrtausends erfolgte die Gründung der Kantonalen Feuerwehralarmstelle (KFA). Vorausgegangen war ein Beschluss des Bundesamts für Kommunikation (BAKOM). Für die Notrufnummern 117, 118 und 144 sollten jeweils noch höchstens zwei Alarmstellen in jedem Kanton eingerichtet werden.

Die AGV machte sich in der Folge auf die Suche nach einer Partnerinstitution, mit der das Projekt zur Reorganisation bewerkstelligt werden konnte. Fündig wurde sie bei der kantonalen Verkehrsleitzentrale in Schafisheim. Im Jahr 2000 ging die KFA auf Sendung.

Kostensenkung durch Eigeninitiative

Die jährlichen Betriebskosten der Kantonalen Feuerwehralarmstelle (KFA) beliefen sich zu Beginn auf rund CHF 2.5 Mio. Franken. Zur Finanzierung richtete die AGV schon bald einen Spezialfinanzierungsfonds ein.

Das Alarmierungssystem funktionierte bereits computergestützt und wurde durch eine Software gesteuert. Unzufrieden mit dem damaligen, schweizweit im Einsatz stehenden System der Alarmorganisation, entwickelte die AGV in Zusammenarbeit mit einer Softwarefirma ein eigenes System mit Namen Mokos.

So konnten die Betriebskosten auf rund CHF 1.2 bis 1.3 Mio. gesenkt werden.

Umzug nach Aarau

Bereits ab dem Jahr 2007 waren im Aargau politische Stimmen zu hören, welche die Einrichtung einer Kantonalen Notrufzentrale (KNZ) forderten, in der alle Notrufe zusammenlaufen sollten. Doch es dauerte noch zehn Jahre, bis die KNZ in einem Anbau an das Gebäude der Kantonspolizei an der Aarauer Tellistrasse ihren Betrieb aufnahm.

Seit dem 24. April 2017 vereint die KNZ die Blaulichtorganisationen Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr unter einem Dach. Diese räumliche Nähe führt zu kurzen und schnellen Kommunikationswegen zwischen den drei Organisationen. Die Zusammenlegung der drei Notrufzentralen hat sich von der ersten Stunde an bewährt. Des Weiteren stehen dem Alarmierungssystem der Aargauer Feuerwehren seit Juni 2018 dank Digitalisierung 60 zusätzliche Anschlüsse zur Verfügung. Heute können 300 Telefonnummern gleichzeitig angewählt und alarmiert werden.

Blick in die Kantonale Notrufzentrale
Blick in die Kantonale Notrufzentrale
Reto Eichenberger, Leiter der Kantonalen Feuerwehr Alarmstelle

Ein Härtetest für die Feuerwehralarmstelle

Einen Härtetest bestand die KNZ am 8. Juli 2017 beim Unwetter in Zofingen, das Schäden von CHF 150 Mio. verursachte. 6’000 Notrufe auf die Nummer 118 gingen innerhalb von zwei Stunden in der KNZ ein. Zum Vergleich kann eine einzige Zahl dienen: Durchschnittlich wird die Notrufnummer 118 rund 10’000 Mal pro Jahr gewählt. Wobei bei eindrücklichen 95 bis 98 Prozent der Anrufe die Feuerwehrangehörigen den Alarm innerhalb von 90 Sekunden erhalten.