DER MOTOR ERSETZT DIE MUSKELKRAFT

Die Entwicklung des Benzinmotors zur Mitte des 19. Jahrhunderts erlaubte auch im Feuerwehrwesen die allmähliche Kompensation von Muskelkraft und natürlichen Pferdestärken. Aus der Automobilspritze entwickelte sich das moderne Tanklöschfahrzeug. Bis zur vollständigen Motorisierung der Aargauer Feuerwehren sollte es allerdings bis ins Jahr 2001 dauern.

Feuerspritzen lösen Wassereimer ab

Erst die Konstruktion der ersten Feuerspritzen im 17. Jahrhundert stellte eine Alternative zum Gebrauch von Wassereimern bei Löscheinsätzen dar. Der Transport dieser Spritzen, hatte allerdings noch für lange Zeit durch Mannes- und durch Pferdekräfte zu erfolgen. So war etwa die «Hautsch’sche Feuerspritze», konstruiert 1655 vom Nürnberger Bürger und Werkzeugschmied Hans Hautsch, mit drei Schlittenkufen ausgestattet und von drei Pferden gezogen.

Entwicklung des Benzinmotors bedeutet Quantensprung

Die Erfindung der Dampfmaschine, Urknall der industriellen Revolution, wirkte sich auch im Feuerwehrwesen aus. 1829 fertigten Braithwaite und Ericson in London die erste Dampfspritze an. Knapp dreissig Jahre später, 1858, stellte die Firma Novelty Iron Works in New York die erste selbstfahrende Dampfspritze vor. Doch erst die Entwicklung des Benzinmotors in den 1860er-Jahren bedeutete den eigentlichen Quantensprung für den Löschdienst. Nun konnten motorisch angetriebene Feuerlöschpumpen gebaut werden. Die ersten Motorspritzen wurden noch von Hand oder von Pferd gezogen, doch die Konstruktion der ersten Automobilspritze liess nicht mehr lange auf sich warten.

Aarau kauft erste Automobilspritze

Die erste Automobilspritze war in der Schweiz 1910 an einer internationalen Feuerwehrrequisiten-Ausstellung zu begutachten. Dabei handelte es sich um eine auf einen Saurer-Lastwagen montierte Sulzer-Hochdruck-Zentrifugalpumpe. In Gang gehalten wurde die Pumpe vom Antriebsmotor des Lastwagens. Die Feuerwehr Aarau erwirbt 1924 als erste Organisation im Aargau eine Automobilspritze. Der zweite Typ von Feuerwehrfahrzeugen, der im Aargau zum Einsatz kam, war das Pikettfahrzeug. Es diente dazu, Mannschaft und Material zu transportieren.

Das TLF ermöglicht den Schnellangriff und Transportfahrzeuge werden zur Pflicht

Den nächsten, bedeutenden Entwicklungsschritt innerhalb der Geschichte der Motorisierung der Feuerwehren stellt das Tanklöschfahrzeug, kurz TLF, ab den frühen 1960er Jahren dar. Dank seinem Schnellangriff kann bei der Ankunft auf dem Ereignisplatz augenblicklich mit der Löscharbeit begonnen werden. Die TLF besitzen einen Löschwassertank von bis zu 3’000 Litern.

Mit dem Feuerwehrgesetz von 1971 wurden die Aargauer Feuerwehren beauftragt, für den Transport von Feuerwehrmaterial Motorfahrzeuge zu beschaffen. Zu jenem Zeitpunkt waren erst 120 von rund 330 Gemeinden im Besitz eines Feuerwehrfahrzeuges.

Das Tanklöschfahrzeug

1977 kommt es im Kanton Aargau zu einer Beschaffung von rund zwei Dutzend Kleintank-Löschfahrzeugen. Mit den Jahren werden sie durch leistungsfähigere Fahrzeuge ersetzt. Ein Kleinlöschfahrzeug wiegt heute rund 3.5 Tonnen, der Löschtank fasst 250 bis 400 Liter Wasser. Grosse Tanklöschfahrzeuge besitzen einen Wassertank mit einem Fassungsvermögen von bis zu 3’000 Liter Wasser. Die Beschaffungskosten können zwischen CHF 300’000.00 und 650’000.00 betragen.

Grössenklassen führen zu mehr Planungssicherheit

«Da es im Anschluss an das Feuerwehrgesetz von 1971 noch keine Regelungen gab bezüglich der Fahrzeugbeschaffung, kam es bei den Aargauer Feuerwehren zu einer Art Wettrüsten und zu einer Übermotorisierung», erläutert Karl Meier, der bis Mitte des Jahres 2013 der bei der AGV als Stellvertreter Abteilungsleiter, Feuerwehrwesen tätig war. Auch aus diesem Grund führte die AGV in den 90er-Jahren Grössenklassen ein, in welche die Feuerwehren eingeteilt wurden und welche Vorgaben zur Fahrzeugbeschaffung festlegen. Die Grössenklassen ermöglichten es den Gemeinden fortan, die Kosten für Neubeschaffungen exakter zu planen und zu berechnen. Als letzte Gemeinden im Kanton Aargau beschafften die Gemeinden Linn und Gallenkirchen für die gemeinsame Feuerwehr im Jahr 2001 ein Motorfahrzeug. Mit der Beschaffung dieses Pikettfahrzeuges waren nun alle Feuerwehrorganisationen im Kanton Aargau «motorisiert».

Rollcontainer sind für spezifische Einsätze vorbereitet

Die neueste Entwicklung bei der Ausstattung der TLF stellen die Rollcontainersysteme dar. Die Rollcontainer können für spezifische Einsätze bestückt und je nach Bedarf ausgetauscht werden. «Durch das Rollcontainersystem wurde die Ausrüstung der Feuerwehren noch einmal flexibler gemacht. Das TLF ist heute im Grunde ein rollendes Feuerwehrmagazin», sagt Karl Meier.

Weitere Fahrzeuge bereichern den Fuhrpark

Neben den TLF und den Pikettfahrzeugen umfasst der Fuhrpark einer Feuerwehr heute noch viele weitere Fahrzeuge. Als Beispiele seien genannt das Atemschutzfahrzeug, das Strassenrettungsfahrzeug, das Universallöschfahrzeug, das Schlauchverlegefahrzeug, das Pionierfahrzeug, das Kommandofahrzeug, das Personentransportfahrzeug, das Verkehrsabteilungsfahrzeug, aber auch die Autodrehleiter. Von der Grössenklasse der jeweiligen Feuerwehr hängt es ab, über welche und wie viele Fahrzeuge sie verfügt. Die Richtlinien für das Feuerwehrwesen der AGV enthalten die Vorgaben für die Fahrzeugbeschaffungen.