Elementarschadenprävention

Elementarschadenprävention

Der Fachbereich Elementarschadenprävention (ESP) hat sein Ziel, Gebäude mit einfachen und verhältnismässigen Schutzmassnahmen widerstandsfähiger gegen Naturgefahren zu machen, auch 2022 mit Nachdruck verfolgt. Die an Bau, Betrieb und Unterhalt von Gebäuden Beteiligten wurden stufengerecht durch Beratung und das Angebot von ESP-Seminaren befähigt. Den verbesserten Schutz bestehender Gebäude konnte die AGV mit Beiträgen unterstützen. Neubauten wurden im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens in beratender Funktion durch die AGV zuhanden der Gemeinden beurteilt.

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Beratungen zu Gebäuden mit erhöhtem Risiko

Die Spezialistinnen und Spezialisten der ESP gehen aktiv auf Eigentümerinnen und Eigentümer zu, deren Gebäude in der Vergangenheit schon mindestens einen Schaden insbesondere infolge von Hochwasser oder Oberflächenabfluss erlitten haben und einen ungenügenden Schutz aufweisen. Ziel ist, diese Gebäude vor weiteren Überschwemmungsschäden angemessen zu schützen.

Direkt nach einem Schadenereignis werden Schutzmassnahmen von Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümern am besten angenommen und auch umgesetzt. So wird die Chance genutzt, mit der Schadenregulierung einen sinnvollen Schutz vor Naturgefahren sicherzustellen. Bei länger zurückliegenden Schadenfällen zeigt die ESP den Eigentümerinnen und Eigentümern den Weg zu einem tragbaren Risiko auf. Die AGV achtet darauf, dass die Massnahmen technisch geeignet und wirtschaftlich sind. Und sie kann bis zu 40 Prozent der Kosten für eine Schutzmassnahme übernehmen.

Im Berichtsjahr beurteilten die Spezialistinnen und Spezialisten der ESP bei 1’407 Gebäuden das Elementarschadenrisiko (2021: 1’735). Wo nötig, empfahlen sie geeignete Objektschutzmassnahmen. In 134 Fällen (2021: 127) gewährte die AGV finanzielle Beiträge für Massnahmen des Objektschutzes, insgesamt CHF 0.66 Mio. (2021: CHF 0.93 Mio.). 

Storenschutz «Hagelschutz – einfach automatisch»

Das Potenzial von Hagelschäden an Storen ist sehr hoch. Daher bewirbt die AGV das Storenschutzsystem «Hagelschutz – einfach automatisch» und übernimmt bei bestehenden Gebäuden bis zu 40 Prozent  der Installationskosten. Storen, die mit dem System ausgestattet sind, werden bei einer Hagelwarnung in der Region automatisch eingefahren und je nach System nach Entwarnung wieder in den vorherigen Zustand ausgefahren.

Im Berichtsjahr wurden Beiträge zur Installation von 36 Hagelboxen zugesprochen (2021: 32).

Beiträge an den übergeordneten Hochwasserschutz

Die AGV beteiligt sich gemäss § 11 der Präventionsfondsverordnung seit 2016 finanziell an den Kosten von Wasserbauprojekten im Rahmen des übergeordneten Hochwasserschutzes. Die AGV bezahlt 5 Prozent der Investitionskosten von Wasserbauprojekten, die den koordinierten Objektschutz in der Bauzone bezwecken.

Die AGV hat seit 2016 für  42 Projekte Zusicherungen in der Höhe von insgesamt CHF 4.76 Mio. erteilt. Für das Berichtsjahr sind es CHF 0.42 Mio. für  3 Projekte (2021: CHF 0.58 Mio.; 4 Projekte). Die Zahlungen erfolgen nach Abrechnung der Projekte durch die kantonale Verwaltung. Insgesamt hat die AGV bereits CHF 3.25 Mio. an solche Projekte ausgezahlt, 2022 waren es CHF 0.34 Mio. (2021: CHF 0.39 Mio.)

Guter Schutz für Neu-, An- und Umbauten

Gemäss § 52 des kantonalen Baugesetzes müssen alle Bauten und Anlagen genügend sicher vor Hochwasser und anderen Naturgefahren sein. Bei Neubauten und bewilligungspflichtigen Nutzungsänderungen sowie Um- und Anbauten in Gefahrengebieten wird ein Nachweis des Überschwemmungsschutzes bei der Baugesuchseingabe gefordert. Die Grundlagen sind die Gefahrenkarte Hochwasser, die Gefahrenhinweiskarte Hochwasser und bekannte Gefährdungen wie vergangene Überschwemmungen und Schadenerfahrungen der AGV.

Die AGV zieht ausserdem die Gefährdungskarte Oberflächenabfluss systematisch für ihre Gefährdungsprüfung bei. Diese Gefährdungskarte hat im Kanton Aargau derzeit keine Rechtsverbindlichkeit. Die gängigen Normen verlangen jedoch geeignete Schutzmassnahmen. Versicherungsrechtlich kann die AGV spätestens nach einem Schadenfall nötige und verhältnismässige Schutzmassnahmen verlangen. Daher empfiehlt die AGV, Schutzmassnahmen bereits in die Planung von Neu-, An- und Umbauten miteinzubeziehen. Nachträgliche Massnahmen sind in der Regel teurer und nur schwer ins Gesamtbild einzufügen.

Die AGV bietet als kostenlose Dienstleistung die materielle Prüfung des Hochwasserschutznachweises für die Baubewilligungsbehörden an. Bleibt die AGV-Prüfung im Rahmen der Baubewilligung aus, begutachtet die AGV den Überschwemmungsschutz spätestens bei der Anmeldung zur Bauzeitversicherung. Das Formular «Hochwasserschutznachweis» ist Bestandteil der Versicherungspolice. Planenden empfiehlt die AGV, bereits in der Konzeptphase den Schutz vor Naturgefahren miteinzubeziehen. Je früher Naturgefahren bei Bauvorhaben einbezogen werden, umso besser können nötige Schutzmassnahmen gestalterisch integriert und Mehrkosten verhindert werden. Die AGV kann beratend beigezogen werden.

Im Berichtsjahr beurteilten die Spezialistinnen und Spezialisten der ESP 4’148 Gebäudeplanungen im Rahmen von Neu-, An- und Umbauten hinsichtlich ihrer Überschwemmungsgefährdung (2021: 3’987).

Kennzahlen20222021
Bearbeitete Einzelfälle Objektschutz1’4071'735
Beitragszusagen für Objektschutzmassnahmen134127
Beitragszusagen für Objektschutzmassnahmen (Mio. CHF)0.660.93
Beurteilung von Neubauten4’1483'987
Vernehmlassungen bezüglich Zonenplanänderungen7161
Beiträge Wasserbau (Mio. CHF)0.420.58

Die ESP ist in der Ausbildung aktiv

Naturgefahrensicheres Bauen erfordert spezifische Fachkenntnisse. Die AGV bietet daher zielgerichtete Schulungen für Entscheidungsträgerinnen und -träger im Bereich Bau an.

Für Bauverwalterinnen und -verwalter, die noch kein AGV-Seminar besucht haben oder ihr Wissen auffrischen möchten, bietet die AGV ein Grundlagenseminar an. Es werden die Grundlagen zur Umsetzung des Überschwemmungsschutzes im Baubewilligungsverfahren vermittelt. Im Berichtsjahr wurde 1 Grundlagenseminar durchgeführt (2021: 1 Seminar).

Angehende Bauverwalterinnen und -verwalter unterrichtet die AGV im Rahmen des Diploma of Advanced Studies (DAS) in der Fachrichtung «Öffentliches Gemeinwesen» an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Brugg-Windisch. Während fünf Lektionen lernen die Auszubildenden den Umgang mit Naturgefahren im Baubewilligungsverfahren. Im Berichtsjahr fand der Kurs «Naturgefahren» gleich zweimal statt: im Januar online für den Diplomlehrgang 2021/22 und im Dezember an der Fachhochschule für den Lehrgang 2022/23.

Ebenso wichtig wie die Aus- und Weiterbildung von Bauverwalterinnen und -verwaltern ist die Ausbildung von Planerinnen und Planern. Je früher Gefährdungen durch Naturgefahren in Gebäudeplanungen einbezogen werden, desto günstiger und weniger sichtbar sind die Schutzmassnahmen. Für Planerinnen und Planer hat die AGV im Berichtsjahr 2 Grundlagenseminare durchgeführt (2021: 0 Seminar) Das Thema: «Gebäudeschutz vor Überschwemmung».

Im Lehrgang «Sicherheitsbeauftragte Brandschutz» der AGV werden angehende Sicherheitsbeauftragte nicht nur im Brandschutz unterrichtet, sondern auch für die Anliegen der Elementarschadenprävention sensibilisiert. Der Lehrgang findet einmal jährlich statt und bereitet die Teilnehmenden auf die Zertifikatsprüfung «Sicherheitsbeauftragte und Sicherheitsbeauftragter für den Brandschutz VKF» der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen (VKF) vor.

Im Berichtsjahr fand 1 Workshop «Zusammenarbeit mit Partnern» im Rahmen des Fachkurses «Elementarschadenintervention» für Offizierinnen und Offiziere der Abteilung Feuerwehrwesen statt (2021: 0). Die ESP gewährte einen Einblick in die Themen «Elementarschadenprävention» und «Hochwassermanagement Kanton Aargau».

Im Berichtsjahr bot die Abteilung Militär und Bevölkerungsschutz des Kantons Aargau angehende Naturgefahrenberatende von Regionalen Führungsorganen des Kantons Aargau zum anderthalbtägigen Fachkurs «lokaler Naturgefahrenberater» auf. Dazu wurde die AGV für 1 Gastreferat zum Thema «Oberflächenabfluss» eingeladen.

Auch unternehmensintern gibt die ESP ihr Fachwissen weiter. Im Berichtsjahr wurden die Kolleginnen und Kollegen der Abteilung Gebäudeversicherung zum Thema «Refresh ESP im Schadenfall» geschult. Die zielgruppenorientierten Inhalte wurden einmal  für den Aussendienst und einmal für den Innendienst angeboten (2021: 0 Seminare).

Ausbildung20222021
Seminarteilnehmende14677
Seminare / Veranstaltungen105

Projektbegleitung der AGV: Koordination Schutzkonzepte Oberflächenabfluss

Die Themenfelder Oberflächenabfluss, Hochwasser und Siedlungsentwässerung sind eng miteinander verbunden und bedürfen einer Koordination zwischen den zuständigen Stellen des Bundes, der kantonalen Verwaltung, der Gemeinden, der Eigentümerschaft und der AGV. Mit der Arbeitshilfe «Koordination Entwässerung – Analyse und Arbeitshilfe», fertiggestellt im Jahr 2021, war ein erster Schritt im Umgang mit Oberflächenabfluss getan.

Im Berichtsjahr wurde die Arbeitshilfe anlässlich des Entwicklungsschwerpunkts Klima des Regierungsrats im Rahmen des Projekts «Feldentwässerung Möhlin» auf ihre Praxistauglichkeit getestet. Im Projektteam waren das Bundesamt für Umwelt, die zuständigen kantonalen Fachstellen, die Gemeinde Möhlin sowie die AGV vertreten. Die AGV hat den Test auf Praxistauglichkeit in mehreren Sitzungen und Workshops begleitet: von der Grundlagenerhebung über die Erarbeitung mehrerer Lösungsvarianten und eine Evaluation der Bestvariante bis hin zum konkreten Lösungsvorschlag. Der gesamte Prozess, die Erkenntnisse für die künftige Bearbeitung entsprechender Projekte und offene Vollzugsfragen werden in einem Bericht dokumentiert. Der Projektabschluss und die Veröffentlichung des Berichts sind für Ende Februar 2023 geplant.

Neue Präventionsfondsverordnung

Mit der Zusammenführung der Elementarfondsverordnung und einem Teil der Feuerfondsverordnung wurde die Präventionsfondsverordnung geschaffen. Sie ist am 1. Januar 2022 in Kraft getreten. Daraus folgt, dass die Abteilung Prävention ihre Aufwendungen für die Elementarschadenverhütung und den Brandschutz aus einem zusammengelegten Fonds bestreitet. Die neue Struktur hat keine Auswirkungen auf die Bemessung der Beiträge hinsichtlich Elementarschadenprävention.

Mitarbeit beim Aufbau der Wissensaustauschplattform Naturgefahren

In der Naturgefahrenprävention bei den Kantonalen Gebäudeversicherungen (KGV) und den Gemeinschaftsorganisationen sind in den letzten Jahren viele wertvolle Grundlagen geschaffen worden. Zudem haben mittlerweile fast alle KGV eigene Fachspezialistinnen und -spezialisten. Um die geschaffenen Grundlagen gemeinsam nutzen und über Austausch voneinander lernen zu können, startete die VKF im Berichtsjahr den Aufbau einer Wissensaustauschplattform Naturgefahren für Mitarbeitende der KGV.

Damit die zukünftige Nutzerschaft der Wissensaustauschplattform zustimmt, war es unabdingbar, die Bedürfnisse so früh wie möglich einzuholen. Dazu wurde eine Arbeitsgruppe gebildet. ESP-Mitarbeitende und teilweise Kommunikationsmitarbeitende der KGV und der Vereinigung Kantonaler Gebäudeversicherungen (VKG) sowie der Kommission für Elementarschäden (KES) waren darin vertreten. Auch die AGV war beteiligt und hat den Aufbau der Plattform wesentlich mitgestaltet.

Die Übergabe der Wissensaustauschplattform an die KGV erfolgte am 13. September 2022 anlässlich des jährlichen ESP-Erfahrungsaustauschs der KGV.

Überarbeitung Gefährdungs- und Risikoanalyse Kanton Aargau

Der Kanton Aargau verfügt seit 2007 über eine umfassende Gefährdungsanalyse, anhand derer Massnahmen zur Prävention und Bewältigung von Katastrophen und Notlagen erarbeitet wurden. Seit der Publikation der Gefährdungs- und Risikoanalyse vor 15 Jahren haben sich sowohl die Gefährdungs- und Risikolandschaft des Kantons Aargau als auch die Grundlagen dazu verändert. Aus diesem Grund wird die Gefährdungsanalyse überarbeitet.

Im Berichtsjahr wurden für die Aktualisierung der Dossiergrundlagen Fachspezialistinnen und -spezialisten sowie Vertreterinnen und Vertreter von Anspruchsgruppen der kantonalen Verwaltung und externer Stellen hinzugezogen. Die AGV konnte ihr Fachwissen bei einem Grossteil der bearbeiteten Dossiers einbringen.

§ 36c Bauverordnung in der Praxis

Seit dem 1. November 2021 ist die neue Bestimmung «Schutz vor Hochwasser» in der kantonalen Bauverordnung in Kraft. Sie verdeutlicht, dass die Gefährdung durch Oberflächenabfluss im Baubewilligungsverfahren beurteilt werden muss. Die AGV unterstützt die Gemeinden bei der Umsetzung im Rahmen von Neu-, An- und Umbauten. Bei der materiellen Prüfung des Hochwasserschutznachweises zuhanden der Bewilligungsbehörden weist die AGV unter anderem auf potenzielle und bekannte Gefährdungen hin. Grundlage ist die Gefährdungskarte Oberflächenabfluss in Verbindung mit der Schadenerfahrung der AGV oder ortskundigen Informationen.

Publikation Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen

Die Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen (Beispiele sind Steinschlag, Rutschungen, Einsturz) wurde unter der Projektleitung des Departements Bau, Verkehr und Umwelt, Abteilung für Umwelt, erarbeitet und ist seit Ende September des Berichtsjahres im Geoportal des Kantons Aargau öffentlich zugänglich (www.ag.ch/agis). Die AGV leistete einen massgeblichen Beitrag, indem sie das Projekt mit ihrer Schadenerfahrung unterstützte.

Die neue Gefahrenhinweiskarte schliesst, zusammen mit dem seit 2020 vorliegenden Naturereigniskataster, eine Lücke in der Naturgefahrenkartierung im Kanton Aargau.

Die AGV wird die neuen Grundlagen zukünftig bei ihren Beurteilungen heranziehen und auf die potenziellen und bekannten Gefahren hinweisen.

Die AGV engagiert sich aktiv in nationalen Gremien

Die Spezialistinnen und Spezialisten der AGV arbeiteten auch im Jahr 2022 in wichtigen nationalen Kommissionen an neuen, schweizweiten Standards der ESP mit: in der Kommission für Elementarschaden, in der Ausbildung der VKF und in der Projektgruppe Schutz vor Naturgefahren.

Örtliche Verteilung der Hagelschäden 2022

Hagelschäden 2022

Örtliche Verteilung der Sturmschäden 2022

Sturmschäden 2022

Örtliche Verteilung der Überschwemmungsschäden 2022

Überschwemmungsschäden 2022

Örtliche Verteilung der Schneeschäden 2022

Schneeschäden 2022